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Das Jüngste Gericht

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Das Jüngste Gericht

Das Jüngste Gericht

Graf Friedrich II. hat ein großflächiges Gemälde herstellen lassen, das als das Diepholzer Jüngste Gericht bezeichnet werden kann. Es ist auf fünf zwei Zentimeter dicken Eichenholzbohlen gemalt worden und ist 2,20 x 2,35 m groß. Es ist entweder neu geschaffen oder - was wahrscheinlicher ist - auf einen alten Bildgrund gemalt worden. Dafür sprechen mehrere Kennzeichen. Ohne Frage handelt es sich um ein in Diepholz entstandenes Gemälde mit heimatlichen Motiven.

Die Füße des Weltenrichters ruhen auf der Erdkugel. Ihren Mittelpunkt bildet das Diepholzer Wasserschloss mit hohem, spitzem Turm. Neben dem Schlosse stellt eine Häusergruppe die Stadt dar. Auf einem Hügel erhebt sich ein Galgen, der an die Femegerichtsstätte bei Hemtewede erinnert. Diese bildliche Darstellung findet sich genauso auf einer bunten Bildkarte aus dem Ende des 16. Jahrhunderts. Der unbekannte Maler, der sie geschaffen hat, dürfte auch das Gemälde - Jüngstes Gericht - hergestellt haben. Auf der Erdkugel hat er Schloss und Stadt durch ein Gewässer, den Dümmer, und eine zweitürmige Kirche, den Dom in Osnabrück, erweitert. Der Maler war mit den hiesigen Verhältnissen genau vertraut. Das beweisen auch die von ihm dargestellten Personen. Neben den Aposteln Paulus mit dem Schwert und Petrus mit dem Schlüssel stehen Geistliche in schwarzer Kleidung. Hinter ihnen erscheinen weltliche Personen. Unter ihnen ragt neben Petrus ein vornehmer Mann hervor. Er trägt als einziger einen Hut mit roten und weißen Federn und auf seinem Gewand zwei goldene Ketten. In diesem aristokratisch gekleideten Mann dürfte der Maler den Grafen Friedrich II. dargestellt haben.  

Aus der Menge der Frauen zieht eine Gestalt in einem goldfarbenen Kleide mit weißer Halskrause, die übrigens bei allen Frauen im Vordergrund festzustellen ist, unsere Aufmerksamkeit auf sich. Auf dem Haupte trägt sie eine Krone. Wir gehen wohl nicht fehl, wenn wir in dieser Gestalt die Gemahlin des Grafen Friedrich, Anastasia geb.Gräfin von Waldeck, sehen. Neben ihr steht ihre Schwägerin, die Schwester Anna des Grafen, sie war von 1578 bis 1582 stellvertretende Äbtissin in Bassum. Mit einer Witwenhaube und in einer besonderen Tracht erscheint die alte Gräfin, Magarete geb. Gräfin von Hoya, die Mutter Friedrichs. Sie trägt ein langes, schwarzes Kleid, mit zwei weißen Streifen, die zu einer Schärpe gehören können.

Der untere Teil des Bildes zeigt links die in den himmlischen Freudensaal einziehenden Gerechten in tiefer Erwartung und Andacht. Die Verdammten werden von Teufeln in den Schlund eines Höllendrachens gezerrt, damit dem Beschauer die Schrecken der Verdammnis anschaulich vorgeführt werden.

Das repräsentative Gemälde, an dem wahrscheinlich ein Meister und sein Gehilfe gearbeitet haben, ist im Laufe der Jahrhunderte mehrmals übermalt worden.

Die eigenartige Gestaltung, die volkstümliche Darstellungs- und Malweise und der geschichtliche Hintergrund machen das »Diepholzer Jüngste Gericht« zu einem bedeutsamen heimatlichen Werk und zu einem Beispiel reformatorischer Kirchenkunst, auch wenn sein künstlerischer Wert gering ist. Aufgrund der erwähnten Bildkarte, der Übereinstimmung mit dem Bilde auf der Erdkugel und dem geschichtlichen Hintergrund kann die Entstehung des Gemäldes fast genau datiert werden. Es dürfte um 1580 entstanden sein, etwa fünf Jahre vor dem Tode des letzten Diepholzer Grafen und zwei Jahre vor dem Tode seiner Gemahlin.

Ob das Gemälde für die Kirche oder für das Schloss hergestellt worden ist und in alter Zeit im Gotteshause gehangen hat, konnte nicht festgestellt werden. Lange Zeit hat das Bild in der alten Friedhofskapelle (wahrscheinlich seit ihrer Erbauung 1843) gehangen; fast ein Jahrzehnt war es auf dem Rathausboden abgestellt. Hier konnte es der Verfasser vom Staub befreien und eingehend studieren. Das Gemälde hatte zahlreiche beschädigte Stellen, an denen die Farbschicht stark angegriffen bzw. abgeblättert war. Dies ist wahrscheinlich auf unsachgemäße und laienhafte Renovierungen in früheren Jahrhunderten, zuletzt 1844, zurückzuführen.

Von 1963 bis 1977 wurde das Bild im Museum in Nienburg als Leihgabe der Stadt Diepholz gezeigt, nachdem es 1963 von dem Restaurator Waldemar Jacob in Lage (Lippe) konserviert worden war, um es in seiner Substanz zu erhalten. Jacob frischte die alten Farben durch eine gründliche Reinigung und ein chemisches Verfahren auf. Restauriert konnte das 400 Jahre alte Gemälde wegen Geldmangels nicht werden. Von 1977 bis 2003 hing es in der Nicolaikirche und wurde anschließend im Kreisarchiv verwahrt. Seit Januar 2006 hat es nun seinen Platz im Rathaus der Stadt Diepholz gefunden.


Von: Emil Johannes Guttzeit aus „Geschichte der Stadt Diepholz“

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